Wie ein Mülleimer zu einer besseren Content-Strategie beiträgt
Wir sind effiziente, ortslose Kommunikation ja mittlerweile gewohnt. Unsere Kalender sind voller Zoom-Meetings zu je 30 oder 45 Minuten. Manchmal aber muss man sich auch auf die beschwerliche Reise zu Kund:innen machen und lange zuhören, um dann auch etwas erzählen zu können während des Aufbaus einer Content-Strategie. Ein paar Gedanken über den Frankfurter Flughafen, die Erkenntnisdichte von Mülleimern, die Wohltat des langen Gesprächs und warum wir unsere Kund:innen auch gerne persönlich treffen.
Der Flughafen Frankfurt ist mein Endgegner. Das war er immer schon. Vor etlichen Jahren wurde ich dort einmal wegen des Mitführens von 20 Taschenlampen im Handgepäck (fragt mich nicht!) einer peinlich genauen Kontrolle unterzogen. Als ich von der sehr bemühten Luftsicherheitsfachkraft befragt wurde, wozu ich so viele Taschenlampen benötigte, antwortete ich nicht ganz wahrheitsgemäß, dass ich plane, nun voll ins Taschenlampen-Business einzusteigen.
Immer, wenn ich den Flughafen Frankfurt benutzen musste, ging irgendetwas schief: ich habe mich verlaufen, ich war an falschen Gates, ich wurde wider Erwarten nicht abgeholt, ich musste, wie erst vor wenigen Wochen, zwei Stunden in einer Warteschlange vor der Sicherheitskontrolle ausharren und feststellen, dass Menschen im Aggregatzustand erhöhter Verdichtung meinen, den stockenden Lauf der Ereignisse durch lautstarkes Maulen beschleunigen zu können. Was übrigens in einer von komplexen Prozessen gesteuerten Mühle wie einem Flughafen definitiv nicht stimmt.
Mehr Licht auf die Erkenntnis
Warum man sich das noch antut? Es mag ein Relikt aus der längst verschütt gegangenen Prä-Pandemie-Zeit sein, aber ich habe tatsächlich eine Reise getätigt, um einen Kunden in der Nähe Frankfurts zu treffen. Nicht per Zoom, nicht per Teams oder einem anderen digitalen Hilfsmittel der intellektuellen Teleportation, sondern leibhaftig. Und ich kann Zeugnis davon ablegen, wie sinnvoll es ist, dass wir, die wir Content-Strategien für viele Monate entwerfen, öfter mal die mehr oder minder beschwerliche Reise zu Kund:innen antun sollten.
Ich halte das Gebot der Effizienz am Beginn einer Zusammenarbeit gerade im Content Marketing für schwer überschätzt. Denn was ist denn das Wesen einer Content-Strategie? Es ist, jedenfalls wenn man es ernst nimmt, der Versuch, aus Fakten, Zahlen, Produkten, ein Prisma an Geschichten zu erzeugen. Was eventuell in einem Mail-Verkehr oder einem Zoom-Meeting schon alleine wegen der faktenmäßigen Verdichtung eindeutig erscheint, kann oft erst in einem längeren Gespräch in ein Spektrum an Stories zerlegt werden. Es ist ein bisschen wie in der Physik: weißes Licht wird mithilfe eines Prismas in Spektralfarben zerlegt, in Rot, in Orange, in Gelb, in Grün, in Blau, in Indigo, in Violett. So ist das auch, wenn man sich die Mühe macht, länger mit Menschen zu sprechen, effizienzlos zu plaudern, absichtsvoll Zeit zu verschwenden.
Filzstift und Flipchart
Natürlich haben wir als Content Marketing-Agentur für so ziemlich alles Folien und Grafiken und interaktive Tools, um zu ermitteln, welche Inhalte sich eignen würden, um ein Kommunikationsziel zu erreichen. Aber es gibt wenig, das die Motivation und die Intention von Auftraggeber:innen so prismenhaft offenbart wie ein beinahe altertümlich anmutender Workshop mit Flipchart und Filzstiften und langen Gesprächen, die nicht immer einem bewussten Schema folgen. So wie die Entschleunigung in der Warteschlange am Flughafen eher entnervt, ist die Entschleunigung bei Gesprächen oft die Voraussetzung, um eine Content-Strategie aufzubauen, die auch hält.
Denn was wollen wir denn mit einer Content-Strategie erreichen? Dass wir systematisch ein Set an Protagonist:innen, Schauplätzen, Themen konstruieren, die alle gemeinsam eine Bühne ausfüllen, mit Spots auf bestimmte Handlungen oder Personen, mit ruhigeren Phasen und mit einer Beschleunigung der Handlung, mit manch überraschender Wendung, aber auch mit einem klar definierten Spannungsbogen.
Gegen die Erzählschablonen
Gerade wir als Content Marketing-Agentur, die sich vor allem um B2B-Märkte kümmert, nehmen für uns in Anspruch, Erklärungsbedürftiges auch erklären zu können. Wir können nicht Expert:innen in jedem Themenfeld sein und das müssen wir auch nicht, aber wir müssen uns einem Thema derart annähern können, dass unsere Erzählung glaubwürdig und nicht schablonenhaft wird.
Ein großer Wurf
Das Meeting mit unseren Kund:innen endete darin, dass wir schließlich Verpackungen in einen Mülleimer geworfen haben, um uns ein wenig in Konsument:innen und deren Verständnis von Mülltrennung hineinversetzen zu können. Das mag lustig ausgesehen haben, aber es hat uns auf einiges gebracht, das für unseren Kunden aus der Verpackungsindustrie und die Content-Strategie, die wir nun aufbauen, relevant ist. Und obwohl das größte Vermögen, das ich besitze, jenes zur Abstraktion ist, sieht einiges in dieser Content-Strategie nach meinem Besuch nun anders als davor. Dieser menschliche Faktor ist es übrigens auch, der uns noch einen winzigen Vorsprung vor der arithmetisch strukturierten Welt der Künstlichen Intelligenz erlaubt. Denn vielleicht hätte eine KI mit dem Wurf der Verpackung in einen Mülleimer wenig anfangen können.
Freilich sind solche Ausflüge nicht für jeden Auftrag, nicht für jeden Zweck, nicht bei jedem Thema unbedingt nötig. Doch einer der größten Söhne Frankfurts, Johann Wolfgang von Goethe, hat ja schon formuliert: „Es hört doch nur jeder, was er versteht.“
Und je mehr man hört, desto mehr versteht man eben auch. Also: zuhören, auch wenn es mal wenig effizient ist, kann eine Content-Strategie enorm bereichern.
Wir besuchen auch Sie gerne, um mehr über Ihr Business, über Ihre Kommunikationsziele, Ihre Motivation für eine solide Content-Strategie zu erfahren.
Auch wenn wir dafür den Flughafen Frankfurt frequentieren müssten.
Martin Schwarz